In dieser Folge der Artikelserie „Lievito Madre” erkläre ich, wie man ein sensationell-tiefaromatisches, innen feuchtes, aussen knuspriges und lang haltbares Brot aus einer Mehlmischung aus Roggen, Weizen, Hartweizengrieß und Dinkel ohne Kneten (sog. no knead bread) selber zubereitet. Es schmeckt nach dem Backen bereits hervorragend, das Aroma wird mit der Lagerung sogar noch weiter ausgebaut.
Ich behaupte, mit diesem Rezept die müheloseste und sauberste Brotbackmethode mit Lievito Madre für den Hausgebrauch gefunden zu haben. Ich bezeichne es als die minimale Brottechnik. Ich verwende vier Mehle. Möglichweise lässt sich diese Mischung auf zwei Mehle reduzieren, wobei der Roggen unverzichtbar ist.
Einfach und nebenher
Das Rezept ist so einfach, dass es gleichsam nebenher vonstatten geht. Man benötigt keine Küchenmaschine, die Hände bleiben weitgehend sauber. Man muß nach dem Anmischen des Teigs nicht die Küche von Mehlstaub befreien. Auch eine Stoppuhr ist unnötig. Die Methode ist so robust, dass es auf ein paar Stunden hin oder her bei der Reifung oder ein paar C°-Tempeaturgrade nicht wirklich ankommt.
Aber Achtung: Für deine Figur ist das Brot reines Gift: In Kombination mit ungesalzener Butter macht es geradezu süchtig. Unvergleichlich schmeckt es auch als Unterlage für dieses selbstgemachte Wildkräuter-Pesto – probier es aus.
Was Lievito Madre ist, wie man ihn herstellt und weitere Fragen werden in anderen Beiträgen der Artikelserie behandelt.
Die Artikelserie
- Nein, Lievito Madre wird nicht aus Honig oder Olivenöl gemacht.
- Senza Impasto, no knead: Brot ohne Kneten – eine alte Technik aus Süditalien
- Wie stelle man einen Lievito Madre her?
- Lievito Madre täglich auffrischen und weitere Hinweise zur Pflege
- Lievito Madre durch Trocknung langzeitkonservieren
- Getrockneten Lievito Madre reaktivieren
- Rezept für ein perfektes Brot mit Lievito Madre – wie Sie es in keiner Bäckerei bekommen (dieser Beitrag)
- Eine Gärbox für den Sauerteig und Sauerteigstarter im Eigenbau
Das Rezept
1. Voraussetzung: Ein kräftiger Lievito Madre li.co.li.
Für dieses Rezept benötigst Du einen gesunden, kräftigen, „jung” riechenden Lievito Madre (LM). Hat dein LM einen Essigstich, mache lieber noch 2,3 Auffrischungen, denn dann sind die Hefen in deinem LM wahrscheinlich etwas in der Unterzahl . Ich gehe auch davon aus, dass Du einen flüssigen LM hast, also einen sogenannten li.co.li. Falls Du einen soliden LM (auch Pasta Madre Solida genannt) hast, musst Du dich selber schlau machen, wie man ihn mit diesem hier beschriebenen Rezept verheiratet. Ich verwende ausserdem die Begriffe Starter, Lievito Madre bzw. die Abkürzung LM gleichbedeutend.
2. Benötigte Hilfsmittel und Verbrauchsmaterial
Folgende Hilfsmittel benötigst Du. Am Ende dieses Beitrags gebe ich Links zu Amazonware an, die ich selber verwende.
- Ein feuerfester, schwerer Topf mit möglichst dichtschließendem Deckel
- Eine große Teigschüssel mit Deckel
- Eine Teigkarte
- Eine Silikonspachtel
- Eine präzise Küchenwaage
- Ein runder Gärkorb
- Skalpell oder ein scharfes Messer (optional)
- Verbrauchsmaterial: Ein Bogen Backpapier
3. Zutaten
- 400 g Mehlmischung aus 50 g Roggenvollkornmehl, 30 g Hartweizengries (Semola di Grano Duro – nicht rimacinato), 100 g Weizenmehl 550, 100 g Dinkelvollkornmehl, 120 g Dinkelmehl 630
- 75 g Lievito Madre li.co.li.
- 11 g Salz
- 235 ml Wasser bei Zimmertemperatur (22–25 °C). Die Wassermenge hängt von der Menge des verwendeten Starters ab. Je mehr Starter, desto weniger Wasser.
- Optional und wsl. unnötig: Backmalz. Ich verwende aus sentimentalen Gründen das Gerstenmalz von Arche (enzymatisch inaktiv). Es stammt aus den Anfängen meiner Brotversuche und hat aus meiner Sicht keinen nennenswerten Einfluß auf das Ergebnis
4. Zubreitung
Phase 1
- Mehlmischung mit Salz gemeinsam in eine große Schüssel sieben.
- Wasser in eine nicht zu kleine Schale geben. Starter und Gerstenmalz (ich tauche den frischen Schneebesen einmal ins Glas, in dem sich das Malz befindet) dazugeben und mit einem Schneebesen kräftig verquirlen.
- Ca. 200–250 g der Mehlmischung esslöffelweise zu der Wasser-Starter-Mischung geben und jeweils verquirlen. Fortfahren, bis die Masse anfängt, zu dick für den Schneebesen zu werden.
- Mehl-Starter-Wasser-Masse in die große Teigschüssel mit dem restlichen Mehl geben. Zuerst mit der Silikonspachtel, dann mit der Teigkarte weitervermengen. Erst wenn Mehl und Wasser gut verbunden sind, mit den Händen zu Ende mischen.
- Abschließend Hände nassmachen und aus dem Teigling einen Ball formen. Schüssel verschliessen und für 3–6 Stunden in den Kühlschrank stellen. An kalten Tagen stelle ich die Schüssel auf den Balkon.
Phase 2
- Schüssel aus dem Kühlschrank holen. Zugedeckt für ca. 2 Stunden bei Zimmertemperatur aufwämen lassen.
- Nach ca. 2 Stunden Teig einmal mit einer Teigspachtel langziehen (ggf. etwas am Boden der Schüssel festhalten, wenn er steif ist), und auf sich selbst zurückfalten (stretch & fold). Vorgang einmal wiederholen. Teig dann erneut zugedeckt ca. 1–2 Stunden ruhen lassen.
- 2 x Stretch & Fold, Teig zugedeckt ca. 1–2 Stunden ruhen lassen (2. Durchgang)
- 2 x Stretch & Fold, Teig zugedeckt ca. 1–2 Stunden ruhen lassen (3. Durchgang)
Phase 3
- Backpapier auslegen, großzügig mit Mehl bestäuben. Teig aus der Schüssel nehmen und mit leicht bemehlten Händen (benötigte Mehlmenge ist abhängig davon, wie feucht der Teig ist) freihändig oder auf der Arbeitsfläche zu einer Kugel formen (spannen). Kugel auf das bemehlte Backpapier legen.
- Backpapier mit der Teigkugel in den Gärkorb legen, Teig dann mit reichlich Mehl bestäuben. Kugel z.B. mit einer Schüssel bedecken und bei Zimmertemperatur ca. 2–4 Stunden gehen lassen (final rise).
Backen
Bei diesem Schritt hantierst Du mit 270 °C heißem Gerät. Lies deswegen alle Schritte in diesem Abschnitt zuerst vollständig durch. Bereite alles genau so vor, wie ich es hier beschreibe. Vor dem Öffnen des Ofens verweist Du alle Menschen – BESONDERS KINDER – der Küche!
- Gitterrost auf zweiter Schiene von unten in den Ofen einlegen. Feuerfesten Topf mit Deckel daraufstellen und Ofen auf 270 °C Ober- und Unterhitze vorheizen.
- Während der Ofen mitsamt dem Topf aufheizt, schneidest Du den überstehenden Kragen des Backpapiers mit einer Schere ab, denn er würde später stören; Ausserdem kann die Hitze am Brot besser zirkulieren. Dann räumst Du die Arbeitsfläche sowie den Weg zwischen Arbeitsfläche und Ofen frei. Gut isolierenden Topfuntersetzer (ggf. stapeln) auslegen. Unter den Topfuntersetzer ggf. Handtücher auslegen, um die Arbeitsfläche vor der Hitze des Topfes zu schützen. Dicke, gut isolierte Topflappen und Skalpell (optional) bereitlegen. Gärkorb neben den Topflappen stellen.
- Wenn der Ofen die Zieltemperatur von 270 °C erreicht hat: Topf aus dem Ofen holen auf den Topfuntersetzer stellen. Heissen Deckel auf den Gitterrost im Ofen legen, damit er dort heiß bleibt. Ofentüre wieder schliessen.
- Teig nun mitsamt dem Backpapier vom Gärkorb in den heissen Topf hieven. Oberfläche des Teigs nicht zu tief mit einem scharfen Messer oder Skalpell einritzen.
- Topf mit dem heißen Deckel zudecken und (nach wie vor die 2. Schiene von unten) auf Gitter stellen. Hitze auf 250 °C reduzieren und für 20 Minuten zugedeckt backen (Backphase 1).
- Nach 20 Minuten Deckel wegnehmen. Hitze auf 210 °C reduzieren und für 25 Minuten ohne Deckel backen (Backphase 2).
- Hitze auf 150 °C reduzieren und für weitere 5–15 Minuten backen, bis gewünschter Bräungsgrad erreicht (Backphase 3).
Sinnvolle Hilfsmittel*
Du benötigst für das Brotbacken und bei der Arbeit mit Lievito Madre bestimmte Hilfsmittel. Am wichtigsten ist eine große Teigschüssel mit Deckel und ein feuerfester Topf. Beide Geräte sind in ihrem Gebrauch nicht auf das Brotbacken begrenzt, sondern auch anderweitig einsetzbar. Gleiches gilt für den Messbecher. Der Gärkorb ist nicht essentiell, der Teig wird dadurch aber gut belüftet.