Shungiku ist das vierte Kraut auf unserer essentiellen Selbstanbauliste der japanischen Gemüsekräuter. Bei den bisher besprochenen Shiso, Mitsuba oder Mizuna geht wegen des nicht-existenten Angebots an Selbstversorgung praktisch kein Weg vorbei (Shiso findet sich bisweilen in Briefchen mit abgezählten Blättern in der Kühltheke japanischer Lebensmottelläden, Mizuna wurde früher von den „Kosmobiodynamikern” am Viktualienmarkt verkauft): Anders beim Shungiku, dem wir in diesem Beitrag unter die Blätter schauen: Die auch auf den Namen Blattchrysantheme getaufte Pflanze findet sich in jedem asiatischen Lebensmittelmittelladen mit Gemüseabteilung. Mandarin-Chinesen sagen Tongo oder Tong Hao zu Shungiku (シュンギク). Das könnte von Nutzen sein, wenn Sie den Angestellten danach fragen möchten, der in der Regel aber nur die chinesische Bezeichnung kennt.
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Was wird verwendet?
Man verwendet die Blätter, Blüten und Stiele der ausgewachsenen Pflanze, roh, blanchiert oder gekocht.
Bezug von Shungiku in Deutschland einfach
Frischer Shungiku ist wie gesagt in den meisten asiatischen Lebensmitttelhändlern erhältlich. Meist abgepackt in durchsichtigen Plastiktüten wird er für wenige Euro das Kilo verkauft. Bei deutschen Gemüsehändlern oder auf dem Wochenmarkt habe ich Shungiku noch nicht entdecken können.
Dabei wäre die Pflanze wie auch Mizuna eine ideale Ergänzung des Produktionssortiments vor allem für Biobauern, die ihren Kunden eine organisch gezogene Alternative bieten könnten zu der hinsichtlich Pestizidbelastung nicht sicheren Importware. Er keimt schnell, ist unkompliziert, hat ein breites Anwendungsspektrum umd verwelkt nicht so schnell wie z.B. Kopfsalat. Ein ideales Cash Crop also.
Verwendung von Shungiku in der (japanischen) Küche
In der japanischen Küche begegnet einem Shungiku oft. In unserer Ramenvariante ist er anzutreffen, in Suppen wie dieser hier oder in Wokgerichten wie Udonsuki oder Sukiyaki, wo er unabdingbar ist. Meist wid Shungiku in Wasser oder Brühe kurz blanchiert, er wird dann etwas weicher, behält aber noch seine unvergleichliche Textur. Auch Tempura (das authentische und gelingsichere Rezept finden Sie hier) lässt sich mit Shungiku bereiten, wie mich kürzlich eine Bekannte wissen ließ. Ihre Großmutter frittiere dabei den Shungiku in kleinen, zuvor in Teig getauchen, Blattbündeln.
Deliziös ist Shungiku durchaus auch im Omelet oder Rührei: einfach eine Handvoll grob hacken und dazugeben; vorher natürlich waschen. Gedünstet oder angebraten schmeckt er ebenfalls gut, er macht sich zudem nicht nur solitär prächtig, sondern auch in Kombination mit anderen Gemüsen. Er mundet in europäischer wie japanischer Zubereitung ebenso wie in chiesischer, koreanischer oder vietnamiesischer. Gut, diese Aufzählung aller ostasiatischen Länder hilft nicht wirklich weiter, aber man sieht doch, dass diese Gemüsepflanze täglich von mehreren Hundert Millionen Menschen verzehrt wird und bei uns trotz Globalisierung gleichsam unbekannt ist.
Wichtig ist bei allen Verwendungen, den Shungiku nicht zu zerkochen. Wenn man ihn nach dem Blanchieren kalt abspült, bekommt er ein intensives Grün. Es spricht aber nichts dagegen, den Shungiku roh zum Salat zu geben.
Shungiku im Selbstanbau – Hinweise für den Hobbygärtner
Shungiku existiert zwar in unterschiedlichen Varietäten, die größte Schwierigkeit dürfte es aber bereiten, überhaupt an Saatgut zu kommen. Bei den traditionellen Samenhändlern in der Münchner Innenstadt ernten Sie bestenfalls einen leeren Blick, wenn Sie sich nach Mizuna, Shungiko & Co. erkundigen.

Aber auch der verschnarchte deutsche Versandhandel lässt uns hier wieder meist im Stich (Stand: März 2020. Haben Sie eine Adresse, bin ich um eine kurze Email sehr dankbar). Es gibt Anbieter in Übersee, die ggf. auch nach Europa liefern.



Hiweise für den Selbstanbau von Shungiku:
- Die ideale Ansähzeit reicht in unseren Breiten von März (ggf. mit Gewächshaus oder Folienzelt) bis Anfang August. Bei der Anzucht unseres Gemüses sind Foliengewächshäuser wie dieses hier* allgemein sinnvoll. Sie sind billig und lassen sich einfach zerlegen. Ich verwahre das Gewächshaus die meiste Zeit zerlegt im Keller und verwende es nur von März bis Mitte Juni.
- Samen auf feuchte, nährstoffreiche Erde in einem ausreichend großen Blumenkasten streuen. Samen festdrücken, damit guter Kontakt zum Substrat besteht. Die Samen sind feucht zu halten, ansonsten verzögert sich die Keimung oder findet gar nicht statt. Samen können dicht gesäht und müssen nicht ausgedünnt werden. Als Erde empfehle ich Euflor Plantahum*, die ich seit vielen Jahren wegen ihrer Qualität ausschließlich verwende (ich kaufe sie beim Gartenhändler).
- Shungiku ist ein Lichtkeimer, die Samen dürfen also nicht mit zu viel Substrat bedeckt werden. Eine Liste mit den Keimungseigenschaften japanischer Gemüse und Kräuter finden Sie in dem Beitrag Lichtkeimer oder Dunkelkeimer.
- Die Keimdauer ist kurz: Es dauert nur wenige Tage, bis der Keimling sichtbar ist. Eine Temperatur des Substrats zwischen 18 °C und 25 °C ist für die Keimung günstig.
Shungiku keimt schnell und zuverlässig - Die Erntereife wird nach 5 – 8 Wochen erreicht. Einfach ein paar Zentimeter über dem Boden abschneiden, er wächst dann aus den Knospen wieder nach. Man kann Shungiku als sehr delikates Babygemüse ernten oder warten bis die Pflanze mit ca. 10 cm die volle Größe erreicht hat.
- Shungiku bedarf keiner besonderen Pflege, er mag jedoch keine Trockenheit, Hitze oder gnadenlose Julisonne. Schattenlose, regengeschützte Südlagen sind im Hochsommer also keine guten Standorte für Shungiku, der in dieser Zeit gut im Halbschatten gedeiht und auch unter Regen durchaus nicht leidet (Staunässe jedoch vermeiden).
- Shungiku ist einjährig. Die Samen sind in der Regel nicht hybridisiert, d.h. man kann einzelne Pflanzen vollständig reifen lassen, um Samen für die nächste Saison gewinnen.
Von Minierfliege (Erbsenminierfliege?) befallener Shungiku - Schädlinge: Der Shungiku auf meinem Balkon wird mit zunehmendem Alter regelmäßig von Minierfliegen befallen. Diese legen Eier auf der Pflanze ab, die schlüpfenden Larven fressen unschöne Stollen durch das Blatt. Das Schadbild entspricht nach einem oberflächlichen visuellen Vergleich der im Internet verfügbaren Bilder Fraßschäden am ehesten dem der Erbsenminierfliege. Wichtig ist, befallene Blätter sofort zu entfernen. Daneben hatte ich noch nie Probleme mit Mehltau oder saugenden Schädlingen. Als Balkongärtner im 5.Stock bin ich zudem von der Schneckenplage verschont, deswegen ich keine Erfahrungen mit dieser Pest habe. Es ist aber anzunehmen, dass diese ungebetenen Gäste den saftigen und delikaten Shungiku genauso schätzen wie Minierfliegen und wir.
Sinnvolle Geräte und Hilfsmittel*
Damit man bei der Kultur von Mizuna, Shungiku & Co. entsprechend Blattmasse bekommt, nimmt man am Besten lange Pflanzkästen. Mit dem vierstöckigen Foliengewächshaus habe ich gute Erfahrungen gemacht: Es eignet sich vor allem für die Anzucht und die empfindliche Phase nach der Keimung. Ich verwende es vor allem für die kritische Zeit von Anfang-Mitte März bis Mitte-Ende Juni. Die restliche Zeit harrt es zerlegt im Keller der kommenden Saison.