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Mit Joghurt (1 EL) beimpfte Milch (1 L) zur Fermentation in sterile Gläser füllen

Joghurt langfristig überimpfen: Die drei kritischen Faktoren bei der häuslichen Joghurtproduktion

Die häusliche Joghurtproduktion via Überimpfen ist einfach und mit der richtigen Kultur auch langfristig möglich, ohne regelmäßig teure frische Kulturen neu nachkaufen zu müssen. Es kann aber zu typischen – ich nenne sie „Produktionsfehlern” – kommen, die zum Tod der Joghurtkultur führen. Die Serie des Überimpfens ist dann gebrochen und muß mit einer neuen, frischen Kultur neu aufgesetzt werden. Daß eine Kultur kaputt ist, teilt sich unmittelbar mit: Der Joghurt wird zu flüssig, schleimt oder prickelt. Meist kann man ihn immer noch essen, es ist aber kein Genuß mehr. Manchmal gelingt es, den Joghurt wieder zu regenerieren, besser ist es aber, die Fehler, die zum möglichen Tod des Joghurt führen, zu vermeiden indem man die drei kritischen Erfolgsfaktoren der Joghurtproduktion beachtet. Um diese Faktoren geht es in diesem Artikel.

Fangen wir mit einer Begriffsklärung an: Beim Überimpfen wird neuer Joghurt hergestellt, indem man steriler, warmer Milch eine kleine Menge des bisherigen Joghurts als Starter zugibt. Nach einer mehrstündigen Reifung in Wärme wird dann aus der geimpften Milch neuer Joghurt. Mit dem neu erzeugten Joghurt lässt sich immer wieder eine neue Serie erzeugen, solange die Joghurt-Kultur die Überimpfung mitmacht. Mit stabilen, althergebrachten Kulturen (sog. Heirloom-Kulturen) lässt sich das Überimpfen im Prinzip unbegrenzt fortsetzen, während moderne Designer-Kulturen (wie diese hier) bereits nach wenigen Überimpfungen degenerieren und erneuert werden müssen.

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Die drei kritischen Faktoren

Nach meiner Erfahrung sind für das langfristig erfolgreiche Überimpfen drei Dinge wichtig:

  1. Eine gesunde und für das langfristge Überimpfen geeignete Joghurt-Kultur.
  2. Einigermaßen saubere Produktionsbedigungen.
  3. Die richtige Temperatur der Milch beim Beimpfen und während der Reifung.

Seit knapp einem Jahr stelle ich meinen Joghurt (stromlos; siehe Artikel hier) selber her. Nach zwei Fehlversuchen arbeite ich inzwischen nur noch mit der Starterkultur des Herstellers Bacillus Bulgaricus*, die ich seit vielen Monaten erfolgreich überimpfe. Das Joghurt-Ferment von Bacillus Bulgaricus* hat aus meiner Sicht das  Zeug zu einem echten Heirloom-Starter, wie in diesem Artikel näher beschrieben.

Faktor 1: Gesundheit und Eignung der Joghurt-Kultur

Voraussetzung für die Joghurtbereitung via Überimpfen ist eine kräftige, gesunde Joghurt-Kultur, die auch grundsätzlich für langfristiges Überimpfen geeignet ist. Eine gesunde Kultur verfügt über eine hohe Dichte an erwünschten Keimen und ist möglichst wenig mit unerwünschten Keimen kontaminiert. Bei einem alten Joghurt, der vielleicht auch zu warm aufbewahrt wurde, sind bereits viele Joghurtbakterien abgestorben und Fremdkeime beginnen sich entweder darin anzusiedeln oder bereits vorhandene beginnen, sich besonders wohl zu fühlen. Beim Überimpfen ist es also wichtig, einen frischen Joghurt zu verwenden. Es ist insbesondere eine schlechte Praxis, den Joghurt halb auszulöffeln, den Rest dann zwei Wochen zu „vergessen“, um dann einen neuen Joghurt damit anzusetzen.

Als besonders stabil hat sich bei mir in der Praxis der bereits erwähnte Bacillus Bulgaricus-Starter* erwiesen. Er verzeiht mir gelegentliche Schlechtbehandlung z.B. durch zu lange Reifung. Deswegen wiederhole ich meine uneingeschränkte, euphorische Empfehlung für diesen Joghurt-Starter.

Neben der Gesundheit ist die generelle Eigung der Kultur für langfristiges Überimpfen wesentlich. Leider sind die meisten Kutluren dafür nicht geeignet und nur für wenige Überimpfzyklen gut: Diese Kulturen zeichnen sich dadurch aus, dass sie schnell an Kraft verlieren und dass der Joghurt bereits nach wenigen Überimpfungen schleimig wird, gärig schmeckt oder eine schlechte Konsistenz hat.

Manche Hersteller machen aus der begrenzten Überimpfbarkeit ihres Produkts keinen Hehl wie z.B. dieses Produkt* oder die ausgiebig von mir zitierten Starter der Reformhaus-Kette*.  Diese sind jedoch nur zwei Beispiele,  bei denen begrenztes Überimpfen im Produkt gleichsam eingebaut ist. Ob das an der geringen Keimdichte liegt oder daran, dass diese sog. probiotischen Kulturen absichtlich oder unabsichtlich schwachbrüstig sind, kann wohl nur der Laborchemiker sagen, der diese Kulturen zusammengepanscht hat.

 

Bacillus Bulgaricus-Tütchen
Bacillus Bulgaricus-Tütchen*

Probiotisch und Rechtsdrehend = gesund? Unsinn!

Bei sog. probiotischen Kulturen handelt sich um eine Marketingmasche, der sich leider auch die Bioszene gerne hingibt. Auch die Behauptung von der angeblichen guten rechtsdrehenden bzw. schlechten linksdrehende. Milchsäure gehört ins Reich der Legende.

TippWenn lange Überimpfbarkeit dein Ziel ist, verwende sog. Heirloom-Kulturen und vermeide alles was als „probiotisch” oder „rechtsdrehend” angpriesen wird. Ich vermeide auch Kulturen mit Lactobacillus Acidophilus– und Bifidus-Bakterien. Dies sind neuartige, moderne Zugaben der Lebensmittelindustrie, die den Joghurt einem angenommenen Massengeschmack angenehmen erscheinen lassen wollen.

Faktor 2: Sterilität und Hygiene

Damit die Joghurt-Kultur gesund bleibt, benötigt sie eine möglichst sterile Produktionsumgebung sowie eine optimale Temperatur. Diese Faktoren sind nötig, damit sich die Kultur möglichst ungestört vermehren kann und nicht gegen andere Keime konkurrieren muß. Ausreichend saubere Produktionsbedingungen sind einfach herzustellen, indem man die Joghurt-Gläser samt Deckel stets mit kochendem Wasser unmittelbar vor der Reifung sterilisiert. Ich hantiere mit den heißen Gläsern zudem mit einer sterilen Spaghettizange, auch um mir die Finger nicht zu verbrennen.

TippWenn der Joghurt nach ca. 6 Stunden fertig fermentiert ist, kühle ich ihn sofort auf möglichst niedrige Temperatur ab. Auf diese Weise wird die Stoffwechselaktivität der Bakterien auf ein Minimum reduziert und die Kultur beibt länger jung und vital – wichtig für den nächsten Zyklus. Den für die Beimpfung der nächsten Serie benötigten Yoghurt kann man bereits jetzt entnehmen und in kleines, steriles Gläschen füllen.

Faktor 3: Temperaturmanagement

Die Temperatur ist der wesentliche Selektionsfaktor für die Population der Joghurtbakterien. Diese liegt bei den thermophilen (wärmeliebenden) Joghurtbakterien mit ca. 44 °C sehr hoch. Die meisten anderen Keime, wie Hefen oder Michsäurebakterien, fühlen sich bei dieser Temperatur weniger wohl, so dass deren Reproduktionsrate geringer ist als die der Joghurtbakterien. Nach wenigen Vermehrungszyklen haben die Joghurtbakterien die anderen Keime verdrängt – Voraussetzung ist, daß die Temperatur optimal ist. Vor allem in den ersten Stunden nach dem Beimpfen der sterilisierten Milch müssen sich die Joghurtkulturen in der mit Keimen insgesamt noch dünn besiedelten Milch gegen Fremdkeime durchsetzen. Man unterstützt die Joghurtbakterien dabei, indem man ihnen bessere Vermehrungsbedingungen bietet als unerwünschten Fremdkeimen, die z.B. aus der Luft, von den Händen oder Arbeitsgeräten in die Milch geraten. Geraten die Joghurtbakterien aufgrund suboptimaler Bedingungen hingegen in Unterzahl, weil sich Michsäurebakterien oder Hefen schneller vermehren können, kann die Kultur zugrunde gehen. Man erkennt das z.B. an einem Prickeln, was auf CO2-produzierende Keime hindeutet. Auch Verschleimung ist ein Zeichen, dass sich im Joghurt die falschen Keimen breit gemacht haben. Das muß nicht ungesund sein, das Schleimzeug ist aber nicht mehr der Joghurt, den wir uns wünschen.

Fazit

Wie beim Sauerteig / Lievito madre für Brot ist die Temperatur der wichtigste Selektionsfaktor. Da vor allem beim Überimpfen unter Haushaltsbedingungen die Keimdichte des Joghurts ohnehin sehr niedrig ist, müssen wir durch optimale Temperatur stets ideale Selektionsvoraussetzungen für unsere Kultur sicherstellen. Hygiene ist beim Überimpfen besonders wichtig. Bei stromlosen Joghurtbereitern ist zudem das Temperaturmanagement anspruchsvoller als bei bestromten Geräten (Artikel siehe hier), die Einem diese Arbeit abnehmen.

TippWer das Temperaturmanagement im Griff hat, dem empfehle ich die stromlose Methode Styroporkiste (siehe Artikel hier) in Verbindung mit einer Joghurtkultur des Herstellers Bacillus Bulgaricus*.

 


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