Manche Kinder zeigen früh Affinität und Talent fürs Backen. Ich habe mich selber schon als Kind fürs Kochen interessiert und meiner Großmutter, die zwar gern und gut aß, aber keine Neigung zu Küchenarbeit hatte, oft das Abendessen bereitet. Ich bin überzeugt, dass Talent und Affinität fürs Backen und die Zubereitung für Süßwaren angeboren sind.
Nicht immer muß sich das bereits im Kindesalter zeigen, ich kenne aber zwei eklatante „Fälle” aus zwei völlig verschiedenen Kulturkreisen (Japan, Deutschland) – anhand welcher ich die Hpothese entwickelt habe, dass man das Talent a) an drei Zeichen erkennt und b) dieses Talent bei Vorliegen dieser drei Zeichen durch die Schenkung einer Küchenmaschine fördern kann.
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Mädchen – Zufall?
In beiden Fällen handelt es sich um Mädchen. Das kann Zufall sein, ich glaube es aber nicht. Buben ist eine Kinderkarriere als „Patissier” grundsätzlich nicht verschlossen, Mädchen haben aber im Allgemeinen nun einmal einen Reifevorsprung (für mich eine Tatsache jenseits jeglicher Diskutabilität), der sie früh zu sehr anspruchsvollen Zubereitungen befähigt, die auch beträchliche Ausdauer erfordern. Später, mit dem Eintritt in die Pubertät, gleicht sich das wieder aus, wofür mir praktischerweise gleich ein Einzelfall diese Auffassung bestätigt (der Junge eines befreundeten Paares entdeckte zur Überraschung Aller in seinen frühen Zwanzigern die Zuckerbäckerei für sich).
Keine Sekunde glaube ich ürbrigens an den allenthalben verzapften Unsinn vom Geschlechterstereotyp, demzufolge Mädchen qua sozialer Prägung in vom Patriarchat vorgegebene Rollen gezwungen werden und deswegen mehr nolens als volens Lust an der Zubereitung von Süßspeisen entwickeln.
Drei Zeichen deuten auf zukünftige Star-Patissiers hin
Wenn man mit Kindern bäckt, erkennt man schnell und unmittelbar, wer vom Back-Virus befallen ist. Ich habe meine Beobachtungen in einer Art Talent-Erkennungs-Systematik etwas „wissenschaftlicher” zusammengefasst. Das Ergebnis sind drei „Eigenschaftsgruppen”, die ich bei potentiellen zukünftigen Zuckerbäcker-Stars ausgemacht zu haben glaube. Es sind dies:
Eigenschaftsgruppe 1: Offenheit für Essen aus unterschiedlichen Kultrukreisen und gutes Geschmacksempfinden
Eigenschaftsgruppe 2: Ein Drang zu kulinarischer Unabhängigkeit verbunden mit der Ausdauer, diese Unabhängigkeit zu erreichen
Eigenschaftsgruppe 3: Kreativität, Ehrgeiz und Lernfähigkeit
Diese drei Eigenschaftsgruppen habe ich bei den erwähnten Kindern in Reinstform beobachtet. Das Gesetz der großen Zahlen kommt hier sicher nicht zum Tragen, aber hier handelt es sich aber nicht um Populatiosstatistik, sondern um Fallstudien. Das wirklich Erstaunliche ist für mich, wie früh und wie klar diese Eigenschaftsgruppen in Erscheinung treten (oder nicht). Im Folgenden beschreibe ich diese Gruppen etwas genauer.
Offenheit und gutes Geschmacksempfinden
Diese Eigenschaften lassen sich auch bei Erwachsenen beobachten bzw. sind dort oft Fehlanzeige. Warum Offenheit und gutes Geschmacksempfinden so wichtig sind für Köche, sollte selbsterklärend sein: Wer immer nur nach dem Gleichen verlangt und auch sonst zu keinem Unterschiedsurteil in der Lage ist jenseits von „mag ich vs. mag ich nicht” wird kaum Leidenschaft fürs Kochen entwickeln. Manche Kinder zeigen z.B. eine überraschende Präferenz für Matcha oder Hojicha, wie ich es hier beschrieben habe, während andere Kinder schon früh sehr konservativ in allen Dingen sind, die mit Essen und Trinken zu tun haben, und z.B. ungewohnt gefärbtes Backwerk gar nicht erst anfassen würden.
Diese Eigenschaften bzw. deren Vorliegen hat keinen Zusammenhang mit Charaktereigenschaften, es sind isolierte Phänomene, die sich bei dem Einen zeigen, bei dem Anderen nicht, und keinerlei Rückschlüsse auf den Menschen zulassen.
Kulinarische Unabhängigkeit und Ausdauer
Der Drang zu kulinarischer Unabhängigkeit steht in engem Zusammenhang mit gutem Geschmacksempfinden. Stellen Sie sich ein Mädchen vor, dass eine aussergewöhnlich wohlschmeckende Matcha-Rolle gekostet hat und, nicht zuletzt wegen der Pudding-Sahnefüllung, eine unsterbliche Vorliebe für diese Rolle entwickelt hat. Die Mama bäckt nicht besonders viel oder mag diese Rolle nicht, das Mädchen kennt aber zufällig die Autorin des Buches „Patisserie auf Japanisch”, der sie die Bekanntschaft mit diese Rolle anlässlich einer Einladung überhaupt verdankt. Diese erklärt dem Kind, wie einfach es ist, diese Rolle selber zu backen – und schenkt ihr das Buch. Und siehe da – das Kind erreicht kulinarische Unabhängigkeit: Es ist nicht mehr darauf angewiesen, dass die Mammi oder sonst jemand den Kuchen bäckt. Am Anfang hilft die Mama noch, vielleicht beginnt man auch mit einem einfachen Rührkuchen, spätestens beim fünften Mal beherrscht das Mädchen aber, zusammen mit der älteren Schwester, die Matcha-Rolle wie ein Profi (Ähnlichkeiten mit real existierenden Büchern und Personen sind rein zufällig, ha! ha! ha!).
Zur Ausdauer braucht man nicht viel schreiben: Es ist eine wesentliche Voraussetzung für die kulinarische Unabhängigkeit, denn so viel Spaß es auch macht, einen Kuchen zu backen, es ist auch viel Arbeit. Diese Arbeit wird aber nur in Kauf genommen, wenn das Ziel Kulinarische Unabhängigkeit einen hohen Stellenwert hat.
Kreativität, Ehrgeiz und Lernfähigkeit
Diese drei Eigenschaften sind natürlich nicht nur beim Backen anzutreffen. Ein Kind, dass keine Affinität zur Zuckerbäckerei hat, wird Kreativität, Ehrgeiz und Lernfähigkeit bei anderen Dingen an den Tag legen. So weit, so selbstverständlich. Kreativität lässt sich gut beim Plätzchenbacken beobachten. Eines der beiden Mädchen, beim ersten Kontakt vom Plätzchen-Fieber erfasst, erfand bald eigene Formen mit Bärengesichtern und produzierte diese in unterschiedlichen Variationen. Zum Fieber gesellte sich schnell Ehrgeiz, besonders schöne Plätzchen zu backen, was sich an der Frustration zeigte, wenn einmal etwas mißlang. Inzwischen bäckt das Mädchen mit seiner neuen Küchenmaschine Brandteig-Gebäck in Patisserie-Qualität.
Wir alle kennen Fehlschläge, denn diese lauern in der Küche wie ein hungriger Geist, der nur darauf wartet, uns vorzuführen. Faszinierend war aber, diese Erfahrung an einem Kind zu beobachten, und wie dieser Fehlschlag zu einem Lernerlebnis führte. Weil sich diese Eigenschaften dieser Gruppe gleichsam bedingen, habe ich sie zu einer auf den ersten Blick vielleicht willkürlich wirkenden Eigenschaftsgruppe zusammengefasst.
Warum ausgerechnet eine Küchenmaschine?
Kein Gerät hat ein so gutes Kosten-Nutzenverhältis wie eine Küchenmaschine. Und kaum ein Gerät zeigt, wie hilfreich gute Hilfsmittel sind und kein Gerät macht so viel Spaß. Ich habe hier geschrieben, dass ich seit über zehn Jahren mit der kleinsten Bosch, einer sog, MUM-4* auskomme, und die mir auch bei der Arbeit an meinen Büchern immer treu gedient hat. Ich habe den beiden Mädchen, um die es in diesem Beitrag geht, übrigens bessere Küchenmaschine geschenkt, als ich sie habe, nämlich jeweils eine Bosch MUM-5*. Es ist ein wahre Freude, wie produktiv die Mädchen (die sich nicht kennen) mit diesen Gerät jeweils sind.
Am Anfang würde ich nur das Minimalset kaufen aus Maschine, 3 x Schlagbesen und einer Rührschüssel. Zerkleiner, Mixer etc. kann man sich später bei Bedarf zulegen. Sehr sinnvoll ist es jedoch, eine zweite Rührschüssel gleich mitzubestellen, weil man bei Kuchen erfahrungsgemäß oft zwei Schüsseln braucht (Eischnee und Teig bei Rührteig). Man spart sich dann das zwischenzeitliche Reinigen.