Das kleine Lokal „Servabo” in Haidhausen ist eine Ausnahmeerscheinung in der Gastronomiewüste München. Mit seiner Mischung aus wohnzimmeratmosphärischer Gastlichkeit, bistrokulinarischer Professionalität und liebenswürdiger Weltstadtlässigkeit ist es eine der raren Inseln unverkrampfter Freundlichkeit in der ansonsten prädominant kleinkariert-prätentiösen Fress-Szene des Weltdorfs an der Isar.
Das Servabo ist seit 2022 geschlossen. Für immer. Unwiderruflich. Den Artikel lasse ich aus sentimentalen Gründen online.
Ebenfalls interessant
Temaki-Sushi beansprucht den Hausherren nur bei der Vorbereitung. Während des Mahles kann er sich mit den Gästen entspannt dem Rollen widmen und ist nicht ständig mit dem Auftragen neuer Gänge absorbiert.
Nicht wegen der Atmosphäre
Die Raumwirlung des Servabo ist schwer zu beschreiben. Es ist ein offener, beseelter, unkonstruiert-cooler Ort, der Stammkunden und Zufallsgäste gleichermaßen anzieht. Man wird nicht beglotzt oder taxiert, die ehemalige Bierstube wirkt trotz der diversen (und nicht gerade sparsam eingesetzten) Figuren, Kerzenständer, Bierdeckelhalter, Wandbilder, Kleiderhaken in Hirschform weder nippeshaft-aufdringlich noch überladen-kitschig, sondern auf eigenartige Weise stimmig.
Ein Grund dafür ist wohl das im Kern sehr minimalistische und konsequent durchgezogene Farbkonzept aus Dunkelblau, Dunkelgrün, Gold und Dunkelbraun, das in Bar, Klo und Gastraum zur Wirkung kommt. Auch die Gegenstände fügen sich in die Farbenlehre des Servabo.
Ich besuche das Servabo aber nicht wegen seiner Atmosphäre. Die ist mir in der Regel egal, es kommt mir ausschließlich auf das Essen an. Klar, ich möchte nicht misshandelt, belehrt oder geneppt werden, noch erhöhen jene Gute-Laune-Maschinen mein Wohlbefinden, die das banalste Anliegen des Gastes mit jenem aufgesetzen „Gerne!“ quittieren. In diesem Sinne ist das Servabo ein Ort, an dem man mich nicht zum Kunden degradiert, sondern normal behandelt wie einen Mensch.
Aber, wie gesagt: Wegen der „Atmo“ suche ich das Servabo nicht auf.
Pizza Norcina
Ich komme wegen der Pizza Norcina, einer Kreation des Servabo-Chefs, der sein Handwerk vor vielen Jahren als Pizzabäcker in Umbrien gelernt hat und den Laden zusammen mit seiner besseren Hälfte schmeisst. Die Pizza hat inzwischen eine gewisse Prominenz erreicht, so dass sie von anderen Pizzerien sogar kopiert werden soll. Die richtige Pizza Norcina wird mit Käse, Fenchelsalami und schwarzen Trüffeln belegt. Tomaten kommen nicht zur Verwendung, weil sie weder zu Trüffeln noch zu Salami passen. Wichtig ist, die Pizza heiß zu verzehren, als Begleitung eignet sich ein kühles Helles.
Zum Teig: Er ist dünn, sehr knusprig und liefert vor allen bei der Norcina die ideale Unterlage. Die Pizza schmeckt am nächsten Tag übrigens nicht weniger gut: Man erhitzt sie einfach kurz in einer Pfanne und wiederholt das Genusserlebnis des Vorabends.
Was tun?
Reservieren Sie einen Platz im Servabo und nehmen ein paar gute Freunde mit. Vor Weihnachten und an Freitagen ist ein Platz ohne Vorbestellung Glücksachet. Manchmal ist das Lokal wegen gebuchter Feierlichkeiten für die Öffentlichkeit geschlossen. Im Sommer hat es Plätze auch draußen, wobei die Tische an schönen Tagen zur Stoßzeit oft schnell besetzt sind. Zu erreichen ist das Servabo mit der U- oder S-Bahn über Ostbahnhof oder Rosenheimer Platz, auch die Tram hält unweit am Orleonsplatz. Öffnungszeiten: 18-01:00 Uhr, Samstag und Sonntag ist das Lokal geschlossen.
Tipp
Eine Extra-Pizza zum Mitnehmen bestellen und am nächsten Tag kurz in einer Pfanne braten.
Kontakt
Servabo
www.servabo.de
Email: info@servabo.de
Telefon: 089 44499432
Pariser Str. 15
81667 München
Und wer im Allgäu auf der B12 unterwegs ist…
wird nicht bereuen, wenn er auf der Höhe von Kaufbeuren (die Stadt selber lohnt einen kurzen Rundgang) in der Pizzera Pergola für eine vera Pizza Napoletana Halt macht. Vorher Öffungszeiten prüfen.